Hummeln im Arsch

Mehr, jetzt, weiter oder auch „ Hummeln im Arsch“, so hat Barbara das immer benannt: Das ist wohl mein unausgesprochenes Lebensmotto.

In meinem Blogbeitrag teile ich mit Dir meine Erfahrung, wie ich lernend und immer mehr den „Schildkrötenmodus“ und damit die Faszination der Langsamkeit mehr und mehr in mein Leben einlade, auch wenn es der innere Motor immer mal wieder schafft, mich aus der Mitte zu werfen. Die rote Lampe, ich bemerke sie selbst immer schneller, weil meine Freundin A. ein sehr empfindliches Sensorium dafür hat und mir spiegelt, welches Tempo ich gerade habe. Und ich merke, dass ich immer mehr die Fähigkeit entwickle, dieses Tempo zu reduzieren und ich spüre, es tut mir gut.

Gefühlt mein ganzes Leben lang war ich angetrieben von hohen Erwartungshaltungen an mich und meine Leistung. Meine Eltern haben mir wohl diesen Antrieb eingepflanzt, der dann irgendwann aus mir selbst herauskam, ohne dass es von Außen gefordert war. Kommt Dir das bekannt vor?

Wenn ich genau hinschaue, dann hatte ich diesen Antrieb ehrlich gesagt in jedem Lebensbereich. Ich habe immer Vollgas gegeben.

Wenn ich von etwas überzeugt war, habe ich alles gegeben. Und zwar meist eben höher, schneller und weiter als von irgendjemandem gefordert. Wie gesagt in jedem Lebensbereich. Dass dies in einer Überforderung münden musste, war irgendwie vorhersehbar, aber nicht von mir…

Die Begegnung mit A. als Chance zum Umdenken

Ein heftiger Stopp war es dann, der mich zum ersten Mal zum Umdenken brachte. Er hat mich so richtig ausgebremst und im wahrsten Sinne des Wortes in die Langsamkeit gezwungen. Dass jemand eine so wunderbare Beziehung beendet und sagt: „Das kann und will ich nicht mehr!“, war ein Schlag ins Kontor. Es war Zeit, inne zu halten – im Außen genauso wie im Innen.

Ich war wie vor den Kopf geschlagen: Grenzen überschritten, aus der Kurve geflogen, aus! Gerade total glücklich und dann mir selbst ein Bein gestellt. Um dann zu realisieren: Das ist keineswegs neu in meinem Leben. Das Muster kenne ich und trotzdem habe ich einen Menschen, den ich liebe überfordert.

Aber diese Vollbremsung war wohl nötig, um meinen Blickwinkel zu ändern und neue Denkansätze in mein Leben zu rufen. Das Handwerkszeug dazu habe ich ja anderen (Männern) in den letzten Jahren weitergegeben.

Mit Ulrich Schaffer zu mehr Langsamkeit

Nun war ich dran: Das Wissen haben oder zum Handeln kommen? Und Handeln hieß in diesem Fall: Loslassen – die Selbstzweifel, die Frage, ob ich mich wirklich ändern kann, das Kämpfen um Liebe und Zuneigung.

Die Texte von Ulrich Schaffer haben mich schon vor über 20 Jahren angesprochen und ich merkte, dass sie mich in eine andere Richtung gebracht haben und dafür bin ich heute unglaublich dankbar. Er hat mir wirklich viele wunderbare neue Denkansätze gezeigt und ich konnte mich vor allem durch die Selbstreflexion mehr und mehr mit dem verbinden, was für mich wichtig war und was meinem eigentlichen Rhythmus entsprochen hat.

Die eigenen Muster erkennen und durchbrechen

Die Gespräche mit A. haben dann die Themen Achtsamkeit und Entschleunigung für mich zu einem Generalthema gemacht. Zur Zeit beschäftigt mich die Frage, ob Meditation einer der wichtigsten Grundpfeiler für mich werden kann. Es könnte für mich ein Schlüssel sein, um in der Entschleunigung zu bleiben. Dabei geht es nicht darum, sich 30 Minuten regungslos hinzusetzen und krampfhaft zu versuchen, an nichts zu denken. Sondern es geht vielmehr darum, die Tür zum Alltag nach draußen zu schließen, bei mir selbst einzuchecken und zu schauen, was gerade wirklich relevant ist, um genau das in aller Achtsamkeit dann anzugehen.

Mit dem Start in den Ruhestand begann für mich eine Zeit dort Entschleunigung. Mit der Diagnose Leberkrebs bei Barbara Anfang 2019 eine Stressphase. Der viel zu schnelle Abschied im Mai 2019 hielt mich auf diesem hohen Level. Die Ambivalenz zwischen der großen Trauer und der Gewissheit: Ihr geht es jetzt gut, blieb auch bei meiner Pilgerwanderung in Norwegen erhalten.

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Seit meiner Begegnung mit A. beschäftigte ich mich zwangsweise mit den eigenen Schattenseiten, Mustern und inneren Antreibern. Ich beginne langsam aber sicher zu verstehen, woher die Muster kamen und darf sie Schritt für Schritt liebevoll entlarven. Das heißt übrigens nicht, dass sie gar nicht mehr da sind. Aber immer mehr erkenne ich viel früher, wenn sie anklopfen und kann entsprechend einlenken. Und falls ich es mal übersehe, habe ich immer noch A., die mir nach wie vor die rote Fahne zeigt und mich mehr oder weniger dezent darauf hinweist, dass das Tempo, das ich an den Tag lege eben vielleicht nicht dem entspricht, das gut und stimmig für mich und andere ist.

Schweden ade

Vier Wochen sind um. Mit Wehmut im Herzen werde ich morgen die Grenze bzw die Öresundbrücke überqueren. Besondere Tage und Wochen liegen hinter mir.

Nächtliche Kulisse von Malmö

Als ich vor einem Jahr in meinem Dorf mit der Eigentümerin Christina in ihrem Second-hand Laden „Hauptbahnhof“ über meinen Wunsch sprach nicht allein nach Schweden reisen zu müssen, war nicht abzusehen, dass es noch ein weiteres Jahr dauern würde, bis dieser Wunsch in Erfüllung geht.

Der Hauptbahnhof in Kakenstorf

Zwei Bullis, ein Hund und zwei Menschen, die die Sehnsucht nach Ruhe und Abenteuer verband machten sich auf nach Schweden. Und je länger die Reise dauerte, desto mehr wuchs die Sehnsucht nach mehr Langsamkeit.

Die Kirche in Sandhamn lächelt …

Die Insel Tjörn hinter Göteborg stand eigentlich gar nicht auf dem Plan. Umso faszinierender war dann das Erlebnis.

Glaskogen im Värmland war das nächste Ziel. Zum vierten Mal bin ich jetzt dort gewesen und es hat immer noch den Reiz Neues zu entdecken.

Mit dem Kanu unterwegs

Schweden ist für mich Natur pur, aber Stockholm ist trotzdem ein Muss. Das Venedig des Nordens hat für mich eine besondere Faszination.

Wir warten nicht lange genug,
zu früh hören wir auf,
mit unserem Wesen zu lauschen.
Ehe die Landschaft zu reden beginnt
haben wir uns schon wieder in Schnelligkeit verstiegen.

Wir warten nicht lange genug,
zu früh hören wir auf,
mit unserem Herzen zu lauschen.
Ehe die Stimme Gottes zu hören ist
haben wir uns schon wieder Knöpfe ins Ohr gesteckt.

Wir warten nicht lange genug,
zu früh hören wir auf,
mit unserer Seele in Kontakt zu sein.
Ehe die Seele zu reden beginnt
Haben wir uns schon längst dem Außen zugewandt.

Wir warten nicht lange genug,
zu früh hören wir auf,
und sagen: Ich hör nichts, ich spür nichts, ich seh nichts.
Ehe die Worte kommen, die Gefühle wehtun, die inneren Augen wahrnehmen.

Die Dialoge, die wir verpassen,
brauchen uns nicht um wirklich zu sein,
aber vielleicht brauchen wir sie,
wenn wir leben wollen
so wie Gott uns gemeint hat.

Ist das wirklich schon über ein Jahr her?

Am letzten Januarwochenende 2020 bin ich umgezogen. Aus dem eigenen Haus in eine Mietwohnung. Seitdem ist viel passiert: Corona, Kontaktbeschränkung, neues Lebensumfeld, die neue Region erkunden.
Das Leben ist langsamer geworden. Und es tut mir gut.
Im Dorf gibt es schon etliche neue Kontakte. Alle sind freundlich und Greta (meine Elohündin) hilft bei der Kontaktaufnahme.

Fast alles, was für 2020 geplant war, ist ausgefallen:
– Pilgertour von Sundsvall nach Trondheim
– Männerwoche Schweden
– Enneagramm Seminar im Kloster Burfelde

Treffen haben per Zoom stattgefunden. Man sieht sich, man redet miteinander, aber man spürt sich nicht.
Erstaunlich, was trotzdem möglich war.

Was mir in dieser Zeit wichtig war
a) Die Eremoswochen mit Jan Frerichs im Frühjahr 2020
Digitale Einkehrtage mit einer für mich erstaunlichen Resonanz
b) Die Gottesdienste in meiner (neuen) Heimatgemeinde Apostelkirche Harburg – bis der Lockdown kam.
In jedem Gottesdienst fühlte ich mich persönlich angesprochen.
c) Meine Bruderschaft oder der „Circle of seven“ – ich bin mit sechs anderen Männern unterwegs, mit denen ich mich viermal im Jahr ein Wochenende treffe. Das besondere Merkmal: Wir lassen uns in unser Leben sprechen.
Geprägt sind wir alle durch die Nähe zu Richard Rohr und dem gemeinsamen Interesse an schöpfungspiritueller Arbeit mit Männern.
d) Der Buberkreis – ein Gruppe von älteren Männern im Raum Hannover, die sich mit philosophischen Texten beschäftigen und sich über die Alltagsrelevanz dieser Gedanken austauschen.

Im Juni 2021 habe ich beschlossen mit meinem E-bike von Kakenstorf nach Glücksburg zu fahren – und zurück.
500 km in fünf Tagen mit einer Wochenendpause.
Ich war selbst erstaunt, wie gut das ging. Die Tage der Hinfahrt waren von der großen Hitze geprägt (30 bis 35 Grad). Zwei Tage Erholung in Glücksburg. Am ersten Tag der Rückfahrt (110 km) voller Regen, auch das ist eine Erfahrung!
Der zweite (oder fünfte Tag) der Rückfahrt: 60 km bis zur Fähre Glückstadt – Wischhafen und dann noch 30 km bis Stade. Dort Abholung.

























30 Treppenstufen beim Fähranleger Cranz. Nicht ganz einfach mit Anhänger!

















Das neue TENTIPI hat Platz für Fahrrad, Greta und mich.

Erster Tag

Zweiter Tag













Zu Gast bei Freunden












Greta macht alles mit

Dritter Tag










Glücksburg

















Dank an Volker, für warmes Essen, Bett, Socken und Trockner















Jetzt ist es nicht mehr
weit nachhause ….

Das Wochenende mit einer meiner Enkeltöchter führte zu einem Mittsommerkonzert mit der Gruppe „Fjarill“ in die Nähe von Bleckede

Jetzt, im Juli 2021 bin ich (endlich) in Schweden unterwegs. Mit meinem Bulli und Greta. Vier Wochen in meinem Lieblingsland.

Bei sich bleiben

Bei sich zu bleiben

Eine Kunst, die nicht jeder beherrscht

Immer wieder innehalten

Sich sammeln

Ich sagen

Chronos anhalten

Halt machen

Bestimmt sein

Liebsein verneinen

Einfach sich selbst in den Blick nehmen

Irritationen bei anderen zulassen

Bedürfnisse leben

Echt sein

Nein sagen, um zum großen Ja zu finden.

Heute wurde ich ausgeladen. Ich wollte Freunde besuchen, die sich auf einem Pilgerweg befinden. Aber sie haben sich entschieden bei sich zu bleiben.
Eine sehr gute Entscheidung finde ich.

Anschließend fiel mir dieser Text zu.